Veranstaltung: | Gesetzentwurf Landesklimaschutzgesetz MV |
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Antragsteller*in: | Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN MV (dort beschlossen am: 14.08.2024) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 14.08.2024, 10:21 |
A16: Begründung - A Allgemeiner Teil
Antragstext
A Allgemeiner Teil
Die weltweit, in Deutschland und in Mecklenburg-Vorpommern bisher ergriffenen
Maßnahmen haben bisher nur eine unzureichende Reduktion von
Treibhausgasemissionen bewirkt, so dass die Weltgemeinschaft die Ziele zur
Begrenzung des menschengemachten Anstiegs der globalen Mitteltemperatur zu
verfehlen droht. Damit einher ginge voraussichtlich global die weitere Zunahme
und Intensivierung von Extremwetterereignissen, ein weiterer Anstieg des
Meeresspiegels, die Ausbreitung langfristig unbewohnbarer Gebiete und in der
Folge in großem Maße Flucht und Vertreibung von Bevölkerungen sowie
Verteilungskonflikte bis hin zu -kriegen. Zahlreiche wissenschaftliche
Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass bereits bei einer Erwärmung
zwischen 1,5 und 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau die
Überschreitung unumkehrbarer Kipppunkte droht, wie etwa der Verlust der globalen
Korallenriffe, das abrupte Auftauen des Permafrostes sowie der Schwund des
grönländischen sowie des westantarktischen Eisschildes, die ihrerseits jeweils
die globalen Lebensbedingungen gefährden. Wie indes jüngst Daten des
europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus gezeigt haben, war der Mai 2024
der elfte Monat in Folge mit einem Temperaturanstieg über 1,5 Grad Celsius über
dem vorindustriellen Niveau und mithin zugleich der elfte Monat in Folge mit
einem Temperaturrekord innerhalb der Wetteraufzeichnung. Auch Mecklenburg-
Vorpommern ist von den Folgen des globalen menschengemachten Klimawandels
sichtbar betroffen, etwa durch die Veränderung von Niederschlagsmustern, dem
Rückgang der Grundwasserstände durch sommerliche Dürren, die zunehmende
Abtragung bisher stabiler Küstenabschnitte oder dem Rückgang der Heringsbestände
im Greifswalder Bodden. Damit stellt der Klimawandel auch in Mecklenburg-
Vorpommern eine außerordentliche Bedrohung für Gesundheit, Leben, Wirtschaft und
Wohlstand dar. Der Bundesgesetzgeber hat den Ländern im Übrigen mit § 14 Absatz
1 des Bundesklimaschutzes auch explizit die Möglichkeit zur eigenen
Klimaschutzgesetzgebung eingeräumt. Demgegenüber zeigen die Resultate der
Sektorzielstudie des Leipziger Instituts für Energie, dass ohne das Ergreifen
zusätzlicher Klimaschutzmaßnahmen auf Landesebene die Klimaziele des Landes
nicht zu erreichen sind. Folglich bedarf es einer schnellstmöglichen und
konsequenten Nachsteuerung zugunsten des Klimaschutzes in Mecklenburg-
Vorpommern, indem hierzu ressortübergreifende, politisch handlungsleitende und
rechtlich verbindliche Ziele, Maßnahmen und Strategien entwickelt werden. Das
vorliegende Gesetz bildet die Grundlage dazu.
Zu Artikel 1 (Landesklimaschutzgesetz – LKSG M-V)
Mit Artikel 1 wird ein erstes Landesklimaschutzgesetz für Mecklenburg-Vorpommern
eingeführt. Bislang sind Klimaschutzziele in Mecklenburg-Vorpommern nicht
verbindlich festgelegt. Ebenso fehlen verbindliche Mechanismen und Vorgaben für
die Erarbeitung, Umsetzung, Überprüfung, Berichterstattung und Fortschreibung
der klimapolitisch notwendigen Maßnahmen. Hierzu bedarf es eines verbindlichen,
langfristig angelegten und nachvollziehbaren gesetzlichen Rahmens. Ein
Klimaschutzgesetz sorgt für eine gesetzliche Verankerung der Klimaschutzziele in
Mecklenburg-Vorpommern und schafft die rechtlichen Grundlagen für die
Erarbeitung und Umsetzung der notwendigen Emissionsminderungs- und
Anpassungsmaßnahmen.
Im Landesklimaschutzgesetz werden erstmals verbindliche und allgemeine
Klimaschutz- und Klimaanpassungsziele für Mecklenburg-Vorpommern definiert. Der
Klimaanpassung kommt dabei neben dem Klimaschutz zur weitestgehenden Abwendung
des Voranschreitens des menschengemachten Klimawandels und seiner Folgen
insbesondere die Bedeutung zu, Maßnahmen und Strategien zum Umgang mit den
Konsequenzen des Klimawandels zu entwickeln, die schon heute eingetreten oder in
Zukunft absehbar nicht vermeidbar sind.
Zur Einhaltung der Ziele werden Verfahren, Strukturen und Instrumente definiert,
die der Erarbeitung, Umsetzung und Fortschreibung der hierzu erforderlichen
Maßnahmen dienen. Dazu gehören die Erarbeitung und Fortschreibung eines
entsprechenden Maßnahmenplans, die Durchführung eines kontinuierlichen
Monitorings zu dessen Umsetzung sowie die Einbindung wissenschaftlicher
Expertise durch die Einrichtung eines Sachverständigenrates. Daneben werden
Verfahren zur Beteiligung des Landtages sowie allgemeine Maßgaben für das
Handeln der Landesregierung und der Landesverwaltung in Einklang mit den Zielen
dieses Gesetzes definiert. Es erfolgt ferner eine Zielsetzung zur Herstellung
einer klimaneutralen Landesverwaltung, um seitens der öffentlichen Hand einen
vorbildlichen und wirksamen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Die Vorgaben
dieses Gesetzes sollen insbesondere der öffentlichen Hand in Bezug auf den
Klimaschutz als Richtschnur allen Handelns dienen. Zudem werden einzelne
bundesrechtliche Bestimmungen, insbesondere zur kommunalen Wärmeplanung und zur
Klimaanpassung, pflichtgemäß in Landesrecht übersetzt.
Explizit schreibt das vorliegende Landesklimaschutzgesetz bereits erste
landesseitig zu ergreifende Maßnahmen fest, indem das Land zur Erarbeitung
konkreter Strategien zu sektorspezifischen Aspekten verpflichtet wird. Damit
schafft das Gesetz eine Grundlage für die künftig vorzulegenden
Klimaschutzmaßnahmenpläne.
Die Kommunen erhalten durch dieses Gesetz ebenso einen klaren Auftrag zum
Klimaschutz und zur Klimaanpassung. Das umfasst neben der Verpflichtung der
Kommunen zur Erstellung, Umsetzung und Fortschreibung allgemeiner
Klimaschutzkonzepte, kommunaler Wärmepläne, kommunaler Mobilitätspläne,
städtebaulicher Klimaschutzkonzepte und Klimaanpassungskonzepte die Herstellung
einer klimaneutralen Kommunalverwaltung. Zugleich werden Verfahren zur
finanziellen Unterstützung der Kommunen bei der Umsetzung der Vorgaben im Sinne
des Klimaschutzes festgelegt. Als zentrales Element zur Sicherstellung einer
ausreichenden personellen Ausstattung der Kommunen zur Bewältigung der
Verpflichtungen zum Klimaschutz wird die Bestellung von Koordinator*innen für
kommunalen Klimaschutz sowie deren landesseitige Finanzierung festgeschrieben.
Für Akteur*innen jenseits der öffentlichen Hand erwachsen aus diesem Gesetz
zuvorderst und unmittelbar die Pflichten nach §§ 15, 16 und 24 zur Installation
von Photovoltaikanlagen auf Dächern und über Stellplätzen sowie zur
Dachbegrünung. Damit wird ein Beitrag zur Erreichung der Klimaneutralität der
Energiewirtschaft geleistet und der Erhalt der Biodiversität gefördert, da
einerseits zur entsprechenden Errichtung von klimafreundlichen
Photovoltaikanlagen keine neue Flächenversiegelung erfolgt und andererseits
durch neue Dachbegrünungen Biodiversität gezielt gefördert wird. Speziell bei
der Installation von Photovoltaikanlagen ist zu erwarten, dass sich anfängliche
Investitionskosten durch Einspeisevergütung und Stromkosteneinsparungen über den
Lebenszyklus der Anlagen amortisieren und langfristig finanzielle Gewinne
bewirken. Zudem entfaltet das Gesetz über das Handeln der öffentlichen Hand
hinaus eine Wirkung auf Gesellschaft und Wirtschaft, indem die Schaffung von
Beratungsangeboten festgeschrieben wird, die Bürger*innen und Unternehmen bei
Beiträgen zur Erreichung der Ziele dieses Gesetzes unterstützen.
Zu den Artikeln 2 bis 8 (Änderung der Kommunalverfassung, Änderung des
Naturschutzausführungsgesetzes, Änderung des Landeswaldgesetzes, Änderung des
Landeshochschulgesetzes, Änderung des Denkmalschutzgesetzes, Änderung des
Landesplanungsgesetzes und Neufassung des Bürger- und
Gemeindenbeteiligungsgesetzes)
Die Änderungen dienen der Ausrichtung der entsprechenden Landesgesetze auf die
Ziele des Landesklimaschutzgesetzes in Artikel 1. Die Änderung der
Kommunalverfassung dient der Erreichung der Ziele im Gebäudesektor, die Änderung
des Naturschutzausführungsgesetzes sowie die Änderung des Landeswaldgesetzes
dienen der Erreichung der Ziele im Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und
Forstwirtschaft und die Änderung des Denkmalschutzgesetzes sowie die Änderung
des Landesplanungsgesetzes dienen der Erreichung der Ziele im Sektor
Energiewirtschaft. Mit der Änderung des Landeshochschulgesetzes soll die
Erreichung der Klimaneutralität der Hochschulen des Landes Mecklenburg-
Vorpommern sichergestellt werden. Mit der Neufassung des Bürger- und
Gemeindenbeteiligungsgesetz wird ein einfaches und verbindlichen Verfahren zur
Akzeptanzsteigerung beim Ausbau der erneuerbaren Energien geschaffen.
Zu Artikel 9 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Artikelgesetzes und das
Außerkrafttreten des bisherigen Gesetzes über die Beteiligung von Bürgerinnen
und Bürgern sowie Gemeinden an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern.
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